Selbstverständnis
Wir möchten mit diesem Arbeitskreis eine kritische anarchistische Theorie im Kontext der Gegenstände von politischer Ideengeschichte, Ökonomie sowie gesellschaftlicher Organisationsaufbau und deren struktureller Verfasstheit betrachten und diese – wenn möglich – an die Analyse historischer und aktueller Krisenerscheinungen anknüpfen.
Die Offenlegung notwendiger und mitunter defizitär vorhandener Abgrenzungslinien gegenüber autoritären Strömungen von Seite der (traditionellen) radikalen Linken, sollen zudem aus anarchistischer Perspektive herausgearbeitet und die daraus resultierenden Überlegungen hier publiziert werden. Dieses Projekt dient vorläufig der Publikation theoretischer Überlegungen, die wir als emanzipatorische linke Akteure für Notwendig erachten.
Wir betrachten es als unabdingbar, einen historisch und ideengeschichtlich fundierten anarchistischen respektive libertär-kommunistischen Ansatz mit Hilfe einer radikalen Gesellschaftskritik auch in eine (Post-) Moderne Kritk zu überführen. Die reduktionistische Tendenz, die soziale Ungleichheit und verschiedenste politische Konstellationen lediglich auf rein materielle Ursachen oder gar ökonomistisch zurückführt, muss aus unserer Sicht in anarchistischen Überlegungen aufgebrochen werden. Stattdessen sollten in eine tatsächlich klassenbezogenen und ökonomischen Strukturanalyse immer auch verschiedene gesellschaftliche Funktionen, Dynamiken, Weltbilder und Mechanismen integriert, um der Kompelxität der Funktion und Folge sozio-ökonomischer Systeme gerecht zu werden: Eine Kapitalismuskritik ohne Gesellschaftskritik ist vulgär, eine Gesellschaftskritik ohne Kapitalismuskritik ist nicht libertär.
Auch wenn Subjektivität innerhalb eines Erkenntnisprozesses nie gänzlich ausgeklammert werden können, soll dieses Projekt nicht den „branchenüblichen“ moralisierenden Werturteilen anheimfallen, denen der unvermeindliche Aufruf zu Empörung und Aktionismus folgen muss: Wir möchten kein weiteres Angebot im Kosmos des leicht verdaulichen Agitprop sein, sondern den Versuch einer Erweiterung der diskursiven und falsifizierbaren anarchistischer Perspektive ermöglichen.
Es können dabei lediglich Ausschnitte von theoretischen und wissenschaftlichen Diskursen , jedoch keinen akademischen Gesamtüberblick zur Forschung angeboten werden[1]. Hier sind Ergänzungen und inhaltliche Kritik von Dritten ausdrücklich erwünscht.
Der zugrunde liegende Impetus dieses Projektes formuliert sich als Beitrags für eine inneranarchistischen Kritik und Debattenkultur, die die eigenen Widersprüche thematisieren und durch eine inhaltliche Auseinandersetzung mit eben diesen ein Bewusstsein stärken sollen, was nach unserer Einschätzung in der anarchistischen zeitgenössischen Bewegung zu wenig Beachtung erhält – nämlich einen ideologiekritischen Ansatz, der Gesellschaft nicht einfach als ein eindimensionales Abhängigkeitsverhältnis denkt, die mit Hilfe vereinfachter Folien anarchistischer Rethorik befreit werden können.
[1] Der Arbeitskreis verfasst keine wissenschaftlichen Texte, sondern lediglich wissenschaftlich fundierte Texte, d. h. unsere Thesen sollten im theoretischen Teil immer auch wissenschaftlich begründbar sein, haben tendenziell jedoch einen eher essayistischen Charakter.
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